„Wir sind hier aus Sorge um unser Gesundheitssystem!“

350 Ärztinnen und Ärzte drückten am Montag mit einem stillen Marsch zur Landesregierung ihre Besorgnis darüber aus, dass die Qualität des Kärntner Gesundheitssystems in Gefahr ist. Der Ärzte-Standort Kärnten sei dabei, seine Konkurrenzfähigkeit zu verlieren. Die Spitäler tun sich immer schwerer, ihr medizinisches Stammpersonal zu halten und Medizin-Nachwuchs in ausreichender Zahl anzulocken. Unverständlicher Weise verweigere die Landesregierung den Vertretern der Spitalsärzte direkte Gespräche darüber, wie man die Arbeitsbedingungen attraktiver gestalten könne, obwohl es bereits gravierende Engpässe in den Krankenhäusern gebe.

Der Protestzug wurde von Ärztekammer-Präsident Dr. Markus Opriessnig, der Obfrau der Kurie der angestellten Ärzte Vizepräs. Dr. Petra Preiss, deren Stellvertreterin Kim Haas, dr.med., und der ÄrzteMittelbau-Sprecherin im Klinikum und Referentin des ärztlichen Mittelbaus der Ärztekammer Dr. Gabriele Oberbichler-Kainz angeführt. Auf Tafeln wie „Stopp Ärzte-Flucht“, „Konkurrenzfähig bleiben“, „Zukunft in Kärnten für Jungärzte“ oder „Vakuum im Klinikum“ wurden die Kernbotschaften der Kärntner Ärzteschaft kommuniziert.

Opriessnig betonte bei der Abschlusskundgebung: Wir sind in Sorge …,
… wenn unsere Spitäler wertvolle Kompetenzen verlieren, weil zunehmend erfahrene Fachärztinnen und Fachärzte in andere Bundesländer oder in die Niederlassung abwandern.
… wenn junge Ärztinnen und Ärzte aufgrund der Engpässe nicht jene Ausbildung bekommen, die sie verdienen und die auch die Patienten brauchen.
… dass der Ärztenachwuchs aus diesen Gründen erst gar nicht nach Kärnten kommt.

Opriessnig warnte davor, dass Lücken in den Spitälern auch die ambulante Versorgung der Patienten beeinträchtigte. Wenn die Krankenhäuser immer mehr Leistungen in das niedergelassene System verlagern, ohne dass dieses darauf entsprechend vorbereitet wurde, drohe auch hier eine Überlastung. Er appellierte an die Landesregierung: „Nehmt unsere Warnungen ernst, tretet mit uns in einen konstruktiven Dialog und sichern wir gemeinsam eine medizinische Versorgung auf hohem Niveau. Wir sind bereit, an einem solchen Projekt konstruktiv mitzuarbeiten!“

Die Sprecherin der Kärntner Spitalsärztinnen und Spitalsärzte Dr. Preiss verglich die Krankenhäuser mit einem Ruderboot. Alle Plätze im Boot - die Abteilungen im Spital - müssten mit Ruderern besetzt sein, die ausreichend Muskelkraft besitzen, um richtig vorwärts kommen zu können. Wenn auf einem Ruderplatz oder gar auf mehreren diese Muskelkraft zum Rudern im Takt fehlt, droht das ganze Boot zu kentern. Preiss sieht die Gefahr, dass an mehreren Kärntner Spitalsabteilungen wegen personeller Engpässe die Muskelkraft ausgeht und damit die Versorgung der Patienten massiv beeinträchtigt wird.

Sie fordert von der Verantwortlichen einen korrekten Umgang mit den Problemen und eine ehrliche Kommunikation, wie dies auch auf Tafeln von Marschteilnehmern zum Ausdruck kam: „Aufhören mit Schönreden!“

Die Ärztekammer spreche daher Problembereiche in Kärntner Spitälern bewusst an und werde das auch in den nächsten Wochen tun.

Preiss betonte, dass es erfreulicherweise Abteilungen gebe, die sehr gut funktionieren. Aber man solle sich davon nicht täuschen lassen. „Das käme mir so vor, als wenn jemand im Winter aus dem Fenster blickt und - nur weil es zufällig einmal schneit - meint, gebe es keinen Klimawandel. Wenn es an einer Abteilung gut läuft, heißt das nicht, dass andere nicht mit größten Engpässen zu kämpfen haben.“

Für Preiss steht außer Frage, dass alle Kärntner Spitäler – nicht nur jene der KABEG sondern auch alle geistlichen - im Wettbewerb um Ärzte konkurrenzfähiger gemacht werden müssen. Dabei gehe es nicht nur ums Geld, sondern auch um Arbeitsbedingungen.

Und sie stellte zwei Fragen: „Was ist so furchtbar an uns Ärzten, dass die Landesregierung sich weigert, mit uns über die Probleme im Spitalswesen zu reden? Sind wir eine so irrelevante Gruppe für die Versorgung der Patienten, dass sie sich das leisten kann?“

Wenn die Regierung den Dialog weiter verweigere, sieht Preiss die Notwendigkeit für einen neuen Beschluss der Ärzteschaft: „Das nächste Mal kommen wir wieder an einem Vormittag in der Dienstzeit!“

Die Sprecherin der Jungärzte, Kim Haas, dr.med., verwies auf die große Bedeutung einer guten Ausbildung der Medizin-Absolventen. Denn auch hier besteht akuter Nachholbedarf, wie Dr. Preiss mit Hinweis auf eine groß angelegte Umfrage zur Qualität der Ausbildung unter allen jungen Ärztinnen und Ärzten in Österreich kritisierte. In fünf von neun abgefragten Themenkomplexen war Kärnten österreichweit Schlusslicht.

Kim Haas, dr.med.: „Wir brauchen Ausbildner (Fachärzte), die genügend Zeit haben, um ihre herausragenden Kompetenzen an uns weitergeben zu können. Die Patienten werden uns danken, wenn wir entsprechend gut ausgebildet werden können.“

Dr. Gabriele Oberbichler-Kainz betonte, wie wichtig eine bessere Kommunikation zwischen den Verantwortungsträgern und der Ärzteschaft wäre. „Ohne dass wir ehrlich und offen miteinander reden, kann es keine Verbesserung geben!“ Mit Blick auf die zugesperrte Landesregierung sagte sie: „Wir Ärztinnen und Ärzte gewährleisten die Versorgung rund um die Uhr.“

Sie sind es daher wert, dass man ihre Forderungen ernst nimmt.

Klagenfurt/WS, 7. Mai 2024

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